Gleichmut bezeichnet die innere Ruhe und Ausgeglichenheit, die es einer Person ermöglicht, Herausforderungen und Schwierigkeiten mit Gelassenheit (vgl. Gelassenheit (Sucht und Emotionen #2)) und Selbstbeherrschung zu begegnen, ohne von übermäßig starken Emotionen, wie Wut und Jähzorn, aber auch Verzweiflung und Niedergeschlagenheit, überwältigt zu werden. Es geht nicht um Emotionsfreiheit, sondern um gelingende Emotionskontrolle. Dadurch werden auch die Fähigkeiten zur Selbstwirksamkeit und Selbstfürsorge gestärkt. Gleichmut ist eine positiv zu bewertende Eigenschaft, die durch Achtsamkeitspraktiken und spirituelle Entwicklung kultiviert werden kann. Ihre Verankerung in spirituellen Traditionen zeigt die über Jahrtausende hoch geschätzte Wirkung dieser Eigenschaft.
Gerade für Suchtkranke kann Gleichmut besonders wichtig sein, wenn sie in Stresskontexten leben und sich gegenüber Suchtdruck und Konsumverlangen („Craving“; vgl. Dem unwiderstehlichen Verlangen widerstehen – Umgang und Bewältigung von Craving) bewähren müssen. Gleichmut ist bei Suchtkranken oft wegen erhöhter Impulsivität, Hyperaktivität oder anderer psychischer Probleme geringer ausgeprägt, kann und sollte aber durch systematisches und kontinuierliches Training gesteigert und kultiviert werden.
Inhaltsübersicht
Die Vorteile des Gleichmuts für Suchtkranke
Gleichmut bedeutet nicht, gleichgültig gegenüber den Ereignissen oder den Gefühlen anderer zu sein, sondern vielmehr eine Art innerer Stabilität und Frieden, der unabhängig von äußeren Umständen ist. Auch den eigenen Gefühlen gegenüber sollte der Suchtkranke nicht gleichgültig sein, sondern diese – genauso wie seine Bedürfnisse – exakt wahrnehmen können. Aber er sollte sich nicht von seinen Gefühlen beherrschen und terrorisieren lassen. Das wäre Impulsivität. Gleichmut andererseits bedeutet, seine Gefühle zu steuern und zu kontrollieren.
Insofern bedeutet Gleichmut auch das Streben nach Frieden mit sich selbst und der Welt. Sich auf das zu fokussieren, was man verändern kann und sich nicht an den Dingen aufzureiben, die man nicht verändern kann, ist eine wichtige Maxime, besonders für Suchtkranke. Wichtig am Gleichmut ist die Fähigkeit, diesen kontinuierlich zu bewahren und sich nicht durch äußere Ereignisse und Provokationen aus der Ruhe bringen, beunruhigen oder gar ängstigen zu lassen. Dafür braucht es Übung und Training (siehe abschließende Übungsaufgaben). Besonders in unruhigen und krisenhaften Zeiten wird Gleichmut benötigt. Dies gilt für äußere Krisen (Kriege, Unruhen, wirtschaftlicher Niedergang) genauso wie für innere Krisen (Suchtverlangen, überschießende Ängste, Hyperaggression). Da Suchtkranke wegen und in der Folge ihrer Sucht viele krisenhafte Situationen und Phasen durchleben, ist diese Eigenschaft für sie besonders wichtig.
Geschichte des Begriffs „Gleichmut“
Der Begriff „Gleichmut“ taucht im Deutschen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts auf. Seine Verwendung hat seitdem bis zum Jahr 1950 kontinuierlich zugenommen. Seit 1950 ist der Begriff in der Alltagssprache und in Zeitungen in seiner Verwendung um zwei Drittel seltener geworden. Dieser epochale Effekt hängt auch mit dem Siegeszug von Anglizismen zusammen. Der Begriff Gleichmut wird im Englischen hauptsächlich mit den Wörtern equanimity, serenity, oder composure übersetzt, je nach Kontext. Es kann auch von „emotional oder mental balance“ die Rede sein. In den letzten Jahrzehnten wird statt Gleichmut häufig fälschlicherweise von „Coolness“ gesprochen, obwohl beide Begriffe bei weitem nicht identisch sind. Insgesamt ist der Begriff der Gleichmut leider viel zu selten bekannt. Gerade heutzutage kann er ein wirksames Mittel gegen Stress und Überforderung, aber auch erlebte Ungerechtigkeit und Negativität sein.
Ziel: innere Haltung mit Gleichmut entwickeln
Insgesamt bezeichnet Gleichmut eine tief verankerte, intrapsychische Eigenschaft, die auf innerer Ruhe und Stabilität beruht. Im Idealfall ist sie schwer erschütterlich oder kehrt nach Krisen und übermäßigem Stress bald wieder in ihren Ausgangszustand zurück. Coolness dagegen ist eher eine äußere Haltung oder ein Erscheinungsbild, um Gelassenheit und Selbstsicherheit auszustrahlen. Sie kann auf innerer Gelassenheit beruhen, kann aber auch vorgetäuscht werden. Beide Begriffe stellen jedoch positive Eigenschaften dar, die dazu beitragen, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen und erfolgreich zu interagieren. Insofern ist im Idealfall auch von einer Kombination von Gleichmut und Coolness auszugehen, um eine gute Stressresistenz zu erreichen. Coolness ohne innere Gleichmut stellt jedoch eine Mogelpackung dar. Entscheidend ist insgesamt die innere Haltung, die nur durch Gleichmut erreicht werden kann.
Der Begriff Gleichmut stammt im Unterschied zum Konzept der Gelassenheit (siehe auch Gelassenheit (Sucht und Emotionen #2)) nicht aus der Tradition des Stoizismus, ist jüngerer Natur und enger zu fassen als dieser. Für Suchtkranke sind Gelassenheit und Gleichmut beide von großer Wichtigkeit. Gerade bei starker Impulsivität (vgl. auch Impulsivität und Sucht – Ursachen, Folgen, Zusammenhänge) und mangelnder Emotionskontrolle, Phänomene, die oft mit Suchtstörungen assoziiert ist, stellen Gelassenheit und Gleichmut wichtige Kompetenzen zur Bewältigung und Veränderung dar.
Gleichmut bedeutet nicht Gleichgültigkeit
Gleichmut ist jedoch nicht mit Gleichgültigkeit (vgl. Gleichgültigkeit – das seltsame Gefühl der Gefühllosigkeit (Sucht und Emotionen #3)) zu verwechseln, was leider oft geschieht. Gleichgültigkeit bezieht sich auf eine Haltung der Unaufmerksamkeit oder des Desinteresses gegenüber bestimmten Dingen oder Ereignissen. Es bedeutet, dass jemand sich nicht betroffen gibt oder nicht interessiert ist und keine Emotionen oder Meinungen zu einem bestimmten Thema hat oder zeigen will. Gleichgültigkeit kann als Mangel an Interesse, Engagement oder Empathie interpretiert werden und ist im Allgemeinen keine positive Eigenschaft. Es kann zu passiver Teilnahmslosigkeit führen und verhindern, dass jemand auf Probleme oder Bedürfnisse reagiert. Dies kann sich nicht nur auf nahestehende andere Personen im Sinne von Teilnahmslosigkeit, sondern auch auf die eigene Person beziehen. Dann ist es als Mangel an Selbstfürsorge und Selbstmitgefühl zu interpretieren.
Insgesamt könnte man sagen, dass Gleichmut eine positive Eigenschaft ist, die innere Ruhe und Ausgeglichenheit fördert, während Gleichgültigkeit (vgl. Gleichgültigkeit – das seltsame Gefühl der Gefühllosigkeit (Sucht und Emotionen #3)) eine eher negative Haltung ist, die ein Mangel an Interesse oder Engagement darstellt.
Vorteile des Gleichmuts
Gleichmut als emotionales und geistiges Gleichgewicht bringt zahlreiche Vorteile mit sich, die sowohl das persönliche Wohlbefinden als auch die Beziehungen zu anderen positiv beeinflussen können. Diese sind für Suchtkranke besonders wichtig, um Genesung und dauerhafte Rückfallfreiheit zu erreichen. Es lohnt deshalb besonders, an dem Erreichen von Gleichmut als wichtigem Ziel für die psychische Gesundheit zu arbeiten. Hier sind einige zentrale Vorteile:
1. Innere Ruhe und Stabilität
- Gleichmut hilft, problematische Emotionen wie Ärger, Angst oder Frustration zu regulieren und sich dauerhaft vor negativen Folgen zu schützen.
- Auch in schwierigen oder übermäßig stressigen Situationen gelingt durch das Praktizieren von Gleichmut auf kurz oder lang Ruhe und Stabilität.
- Gleichmut stärkt die innere Freiheit trotz äußerer Widrigkeiten.
2. Bessere Entscheidungsfindung im Alltag
- Gleichmut ermöglicht es, Entscheidungen im Alltag ohne impulsive Reaktionen oder übermäßige emotionale Einflüsse zu treffen. Dadurch kommt es zu besseren und tragfähigeren Entscheidungen. Dies hilft auch bei der Bewältigung immer wieder auftretendem Substanzkonsumverlangen („Craving“).
- Situationen können mit mehr kritischer Distanz und damit klarer und objektiver analysiert werden. Mit Gleichmut wird man für sich selbst zu einem weisen Ratgeber. Entscheidungen werden nicht impulsiv und übertrieben hastig, sondern mit kluger Reflektion und Abstand getroffen.
3. Stärkung der Resilienz (psychische Widerstandsfähigkeit)
- Gleichmut fördert die Fähigkeit, Herausforderungen und Rückschläge auch in Zukunft gelassener zu begegnen und stärkt damit die Resilienzfähigkeit.
- Es entwickelt sich eine größere emotionale Widerstandsfähigkeit gegen Stress und Widrigkeiten.
4. Verbesserte Beziehungen
- Wer gleichmütig ist, reagiert verständnisvoller und geduldiger auf andere Menschen.
- Gleichmut unterstützt die Entwicklung von Selbstreflektion und Empathie.
- Die Qualität und Tiefe der sozialen Beziehungen verbessert sich.
- Konflikte können insgesamt besser deeskaliert werden, da keine Überreaktionen auftreten.
Der Gleichmütige ist kein Verlierer, sondern am langen Ende der Souveräne und damit ein Gewinner.
5. Steigerung von Wohlbefinden und positiver Lebensqualität
- Gleichmut reduziert insgesamt die Anfälligkeit für Stress und sorgt für ein besseres Wohlbefinden und mehr Zufriedenheitsgefühle.
Er hilft, das Leben insgesamt gelassener und mit mehr Freude und Positivität wahrzunehmen.
6. Förderung von Achtsamkeit und Präsenz
- Gleichmut ist eng mit Achtsamkeit verbunden, da er es ermöglicht, bewusst im Moment zu leben und nicht von Emotionen bezüglich der Vergangenheit oder der Zukunft überwältigt zu werden.
Es wird leichter, auf äußere Reize bewusst gelassen und insgesamt angemessen zu reagieren.
7. Gesundheitliche Vorteile
- Durch praktizierten Gleichmut kann ein reduzierter Stresslevel erreicht werden, so dass positive Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, vor allem auf das Gehirn und das Herz-Kreislauf-System., zu erwarten sind.
- Gleichmut kann Schlafstörungen und chronischen Erkrankungen vorbeugen, die durch dauerhaften Hyperstress ausgelöst werden.
- Praktizierter Gleichmut kann ähnlich wie andere Maßnahmen zur Steigerung des Wohlbefindens (Entspannung, Yoga, Bewegung) zur Verlängerung des gesunden Lebens beitragen.
8. Spirituelle Entwicklung
- In vielen spirituellen Traditionen (z. B. Buddhismus, Stoizismus) wird Gleichmut als eine zentrale Tugend betrachtet, die zu einem erfüllteren und ausgeglichenerem Leben führt.
Gleichmut fördert Gelassenheit (vgl. Gelassenheit (Männerrat #18)) und Akzeptanz gegenüber den unvermeidlichen Höhen und Tiefen des Lebens. Gleichmut ist damit eine zentral wichtige Einstellung gegenüber dem Leben und seinen Widrigkeiten. Gleichmut und Gelassenheit ergänzen sich in hervorragender Weise zur Gewinnung einer tieferen und innerlich entspannten Haltung gegenüber den Stressoren des Lebens.
Gelassenheit und Gleichmut – am besten beides!
- Gleichmut: Gleichmut bezieht sich auf eine innere Ausgeglichenheit und Stabilität, die es einer Person ermöglicht, in verschiedenen Situationen emotional stabil zu bleiben. Es ist die Fähigkeit, sowohl positive als auch – und vor allem – negative Ereignisse mit einer gleichmütig stabilen Einstellung zu betrachten, ohne die emotionale Kontrolle zu verlieren. Gleichmut impliziert eine distanzierte innere Haltung in Bezug auf äußere Umstände. Eine Person mit Gleichmut kann Herausforderungen mit Ruhe und Gelassenheit annehmen, ohne von den Ausgangsbedingungen negativ beeinflusst zu werden.
- Gelassenheit: Gelassenheit (siehe auch Gelassenheit (Sucht und Emotionen #2)) bezieht sich auf eine ruhige und entspannte Haltung, die eine Person in Anbetracht schwieriger oder stressiger Situationen bewahrt. Es ist die Fähigkeit, ruhig zu bleiben und klar zu denken, auch wenn es Gründe für Aufregung oder Angst gibt. Gelassenheit impliziert eine Akzeptanz der Realität und eine Fähigkeit, sich nicht von äußeren Umständen aus der Fassung bringen zu lassen. Eine gelassene Person kann schwierige Situationen mit Ruhe und Geduld bewältigen, ohne dabei ihre emotionale Balance zu verlieren.
Im Grunde können Gleichmut und Gelassenheit als sehr ähnliche Konzepte betrachtet werden, da sie beide auf Ruhe und innerer Stärke basieren. Der Hauptunterschied liegt darin, dass Gleichmut eine innere Neutralität und Unparteilichkeit gegenüber äußeren Einflüssen betont, während Gelassenheit eher auf eine ruhige Akzeptanz gegenüber unbeeinflussbaren Ereignissen und eine entspannte Haltung gegenüber den Herausforderungen des Lebens abzielt. Gleichmut und Gelassenheit sollten beide gefördert, aufeinander abgestimmt und im Alltag zur dauerhaften Bewältigung der Suchtkrankheit und zur Reduktion von Rückfallgefahren angewendet werden.
So hilft Gleichmut bei Sucht und gegen Rückfälle
Gleichmut spielt eine wichtige Rolle in der Rückfallprävention bei Suchterkrankungen und anderen problematischen Verhaltensweisen. Hier ist, wie Gleichmut in der Rückfallprävention helfen kann:
Gleichmut ist eine Geisteshaltung, die durch innere Ruhe, Ausgeglichenheit und Gelassenheit gekennzeichnet ist, insbesondere in schwierigen oder herausfordernden Situationen. Es ist die Fähigkeit, auch angesichts von Stress, Versuchungen und Rückschlägen eine stabile und ruhige Perspektive zu bewahren. Im Kontext der Genesung von Suchterkrankungen bedeutet Gleichmut nicht, dass man keine Emotionen empfindet, sondern dass man nicht von ihnen überwältigt wird.
1. Umgang mit Auslösern (Triggern):
- Im Genesungsprozess begegnen Betroffene häufig Auslösern (internen oder externen Reizen), die das Verlangen nach dem Suchtmittel oder -verhalten auslösen. Gleichmut hilft, diese Auslöser zu erkennen, ohne von ihnen überwältigt zu werden, und sich von ihnen zu distanzieren.
- Anstatt impulsiv zu reagieren, ermöglicht Gleichmut eine bewusste und überlegte Reaktion auf Auslöser.
2. Bewältigung von Verlangen (Craving):
- Verlangen ist ein intensives und oft quälendes Gefühl, das einen Rückfall anbahnen kann. Gleichmut hilft, das Verlangen als vorübergehendes Phänomen zu erkennen und es zu beobachten, ohne ihm nachgeben zu müssen. Die distanzierte Perspektive hilft bei der Verweigerung gegenüber dem drängenden Gefühl („Impuls“).
- Durch Gleichmut kann man das Verlangen akzeptieren, ohne sich mit ihm zu identifizieren oder davon überwältigt zu werden (“mit dem Craving surfen”).
3. Umgang mit starken Emotionen:
- Starke Emotionen wie Wut, Angst, Traurigkeit oder Frustration sind häufige Auslöser für einen Rückfall. Gleichmut hilft, diese Emotionen zu akzeptieren und zu tolerieren, ohne sie durch das Suchtverhalten zu betäuben oder zu vermeiden.
- Gleichmut ermöglicht es, negative Emotionen als Teil des Lebens zu betrachten und ihnen mit Selbstmitgefühl und Verständnis zu begegnen, um sie zu bewältigen.
4. Entwicklung von Akzeptanz:
- Gleichmut fördert die Akzeptanz der gegenwärtigen Situation, einschließlich der Herausforderungen und Schwierigkeiten des Genesungsprozesses. Diese Akzeptanz reduziert den inneren Widerstand und die Unruhe, die oft zu einem Rückfall führen.
- Akzeptanz bedeutet nicht, das Suchtverhalten gutzuheißen, sondern die Realität der Situation anzuerkennen und sich auf konstruktive Lösungen zu konzentrieren. Solche Lösungen können in Gesprächen mit anderen, Entspannungs- und Bewegungsaktivitäten oder Selbstreflektion (Tagebuch) bestehen.
5. Förderung von Selbstmitgefühl:
- Rückschläge und Schwierigkeiten sind im Genesungsprozess normal. Gleichmut hilft, sich selbst mit Freundlichkeit und Verständnis zu begegnen, anstatt sich selbst zu verurteilen oder aufzugeben.
- Selbstmitgefühl stärkt die Motivation, den Genesungsweg fortzusetzen, auch nach einem Ausrutscher.
6. Stärkung der Resilienz:
Gleichmut fördert die Resilienz, also die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen, mit starkem Stress umzugehen und gestärkt aus solchen Situationen hervorzugehen. Eine gleichmütige Haltung hilft, schwierige Zeiten zu überstehen und den Fokus auf langfristige Ziele zu behalten.
Wie entwickelt man für sich selbst oder in der Therapie Gleichmut?
- Achtsamkeitspraxis: Regelmäßige Achtsamkeitsübungen, wie z.B. Meditation, Atemübungen oder Body Scans, helfen, den Geist zu beruhigen, die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu lenken und eine nicht-wertende Haltung gegenüber Gedanken und Gefühlen zu entwickeln.
- Kognitive Umstrukturierung: Das Erkennen und Hinterfragen von negativen oder verzerrten Gedanken, die zu Rückfällen führen können, und das Ersetzen durch realistischere und hilfreichere Gedanken.
- Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT): ACT ist ein therapeutischer Ansatz, der Achtsamkeit, Akzeptanz und werteorientiertes Handeln fördert und bei der Entwicklung von Gleichmut hilfreich sein kann. Diese Haltung kann in einer Psychotherapie gelernt und vertieft werden.
- Selbstfürsorge: Ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und die Pflege sozialer Kontakte tragen zu emotionaler Stabilität und Wohlbefinden bei.
- Unterstützung suchen: Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen oder die Zusammenarbeit mit einem Therapeuten kann helfen, Gleichmut zu entwickeln und den Genesungsweg zu festigen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Gleichmut eine wichtige Fähigkeit in der Rückfallprävention ist. Er ermöglicht es, Auslösern, Verlangen und negativen Emotionen mit innerer Ruhe und Gelassenheit zu begegnen, anstatt impulsiv mit Suchtverhalten zu reagieren. Durch die Entwicklung von Gleichmut können Betroffene ihre Resilienz stärken, Rückschläge besser bewältigen und langfristig ein suchtfreies Leben führen.
Der Weg zu mehr Gleichmut im Alltag
Gleichmut ist aber nicht nur in der Rückfallprävention wichtig, sondern auch im Alltag ganz allgemein. Um mehr Gleichmut zu entwickeln, erfordert es Geduld, Übung und Selbstreflexion. Hier sind einige bewährte Ansätze, um Gleichmut zu erreichen:
1. Achtsamkeit und Meditation
- Achtsamkeitsübungen: Regelmäßige Achtsamkeitspraxis hilft, sich der eigenen Gedanken und Emotionen bewusst zu werden, ohne sie zu bewerten. Sie sind einfach da, sie kommen und gehen. Negative Gedanken und belastende Gefühle sollten nicht länger festgehalten werden.
Meditation: Meditationstechniken wie Vipassana, Zen oder Metta-Meditation fördern Gleichmut, indem sie das Bewusstsein für den gegenwärtigen Moment und die Akzeptanz des Hier und Jetzt schärfen.
2. Akzeptanz üben
- Akzeptiere, was du nicht ändern kannst: Nicht jede Situation oder Erfahrung lässt sich kontrollieren. Schaue Dir die Dinge in Deinem Leben genau an und bewerte sie hinsichtlich Deiner Einflussmöglichkeiten! Akzeptiere die Realität, wie sie ist! Belaste Dich nicht mit Dingen, die Du nicht verändern kannst!
Lass los: Lerne, dich von der Fixierung auf Erwartungen, Urteilen oder vergangenen Erlebnissen zu lösen! Was übrig bleibt, ist genug.
3. Emotionale Selbstregulation
- Bewusste Atmung: Tiefes und kontrolliertes Atmen kann helfen, Emotionen wie Ärger oder Angst zu beruhigen. Praktiziere es regelmäßig, auch wenn es Dir gut geht!
Distanz schaffen: Nimm eine Beobachterperspektive zur Dir selbst ein, um Emotionen weniger überwältigend wirken zu lassen! Achte auf den Unterschied, Dich von innen oder außen zu betrachten! Genieße die Möglichkeiten zur Selbstberuhigung durch Einnahme der Außenperspektive!
4. Die Natur des Lebens verstehen
- Vergänglichkeit anerkennen: Alles im Leben – Freude, Schmerz, Erfolg, Misserfolg – ist vorübergehend. Dieses Verständnis kann helfen, nicht an Extremen festzuhalten. Mache Dir die Vergänglichkeit aller Dinge, auch Gefühle, klar und ziehe daraus Kraft für Dich selbst!
- Neutralität kultivieren: Lerne, Situationen ohne sofortiges Urteilen zu betrachten! Die Bewertung der Dinge macht sie erst schlimm und belastend.
Die größere Perspektive hilft: Die Probleme des Lebens mit Abstand und Gelassenheit zu betrachten, hilft im Getümmel und Stress des Alltags. Setze Dich für die wirklich wichtigen Dinge ein und lasse die anderen vorbeiziehen, ohne ihnen nachzulaufen.
5. Praktizieren von Mitgefühl und Selbstmitgefühl
- Mitgefühl für andere entwickeln: Verstehe, dass jeder Mensch Herausforderungen und Leiden erfährt! Das hilft Dir im Tragen der eigenen Herausforderungen.
Sei freundlich zu dir selbst: Akzeptiere deine eigenen Schwächen und Fehler, ohne dich zu verurteilen! Sei zu Dir so freundlich, wie Du es zu Deinem besten Freund bist!
6. Philosophische und spirituelle Perspektiven
Die Bedeutung von Gleichmut wird in verschiedenen Traditionen und Philosophien auf unterschiedliche Weise hervorgehoben. Dabei wird Gleichmut oft als eine Tugend betrachtet, die es ermöglicht, mit den Höhen und Tiefen des Lebens gelassen umzugehen. Die erstaunliche Wichtigkeit des Gleichmuts haben alles wichtigen philosophischen und spirituellen Traditionen erkannt.
- Stoizismus: Der in der Antike entstandene Stoizismus lehrt, sich auf das zu konzentrieren, was man kontrollieren kann, und das andere loszulassen. Praktiziere dies täglich in Bezug auf Dein Leben.
- Buddhismus: Der Buddhismus bietet zahlreiche Ansätze, um Gleichmut durch Weisheit, Mitgefühl und Meditation zu entwickeln. Informiere Dich dazu und lebe die Traditionen, die Dich inspirieren!
7. Übungen im Alltag
- Reaktionen beobachten: Achte auf deine automatischen Reaktionen auf Herausforderungen im Alltag und unterbrich sie bewusst, wenn Du Dich übermäßig ärgerst, grübelst oder in negative Denkschleifen kommst!
- Geduld üben: Nutze Alltagssituationen wie lange Warteschlangen oder Verkehrsstaus, um Gelassenheit zu trainieren!
- Dankbarkeit kultivieren: Lenke den Fokus auf positive Aspekte des Lebens, um nicht von Negativität überwältigt zu werden.
Praktiziere Achtsamkeit: Konzentriere Dich ganz auf das Hier und Jetzt, vor allem wenn Du von negativen Gefühlen heimgesucht wirst und in negativen Denkschleifen gefangen bist!
8. Selbstreflexion
- Tagebuch führen: Notiere deine Gedanken, Emotionen und Reaktionen, um Muster zu erkennen und bewusst daran zu arbeiten! Nimm Dir dafür ausreichend Zeit und sei gründlich!
Sich selbst Fragen stellen: Was löst meinen Ärger oder meine Unruhe aus? Ist meine Reaktion hilfreich oder übertrieben? Reflektiere Dich selbst! Wenn Dir ungünstige Muster bei Dir selbst auffallen, beginne mit Veränderungen!
9. Gesunde Lebensweise
- Regelmäßige Bewegung: Sport und körperliche Aktivität fördern mentale Stabilität und helfen, Stress abzubauen. Gönne Dir regelmäßige Bewegung! Es ist im Nachhinein wie ein Geschenk an Dich selbst.
Ausreichend Schlaf: Ein erholter Geist ist weniger anfällig für emotionale Überreaktionen. Strebe danach, ausreichend Schlaf zu bekommen. Das tut Seele und Körper gut.
10. Professionelle Unterstützung
- Coaching oder Therapie: Ein Coach oder Therapeut kann wertvolle Werkzeuge und Techniken vermitteln, um Gleichmut zu entwickeln.
Gruppenpraxis: Achtsamkeits- oder Meditationsgruppen bieten Unterstützung und Inspiration auf dem Weg.
Fazit zu den Wegen zu mehr Gleichmut
Gleichmut bedeutet die Fähigkeit, in Balance zu bleiben und das Leben aus einer gelassenen Perspektive zu betrachten. Dadurch werden nicht nur das eigene Leben bereichert, die Gesundheit verbessert, sondern auch das Zusammenleben mit anderen Menschen harmonischer gestaltet. Gerade für Suchtkranke kann nachhaltig praktizierter Gleichmut viele Vorteile erbringen.
Gleichmut zu erreichen, ist ein langfristiger Prozess, der tägliche Anstrengung und Selbstfürsorge erfordert. Jede kleine Übung oder Veränderung im Alltag trägt dazu bei, ein Leben in größerer Gelassenheit und Balance zu führen.
5 Praktische Tipps zum Abschluss
Wenn Du jetzt – als Suchtkranker oder Angehöriger – den Weg zu mehr Gleichmut beschreiten willst, ist dies ein sehr guter Entschluss. Gleichmut kann als tiefe innere Haltung gegen Sucht und Rückfälligkeit helfen. Gleichmut bringt Dir mentale Kraft und Entschlossenheit für die wirklich wichtigen Dinge in Deinem Leben. Die eigenen Stimmungen dauerhaft günstig zu beeinflussen, fällt uns Menschen sehr schwer. Es bedarf einer ruhigen, ausgeglichenen Persönlichkeit oder viel Training. Wenn Du zu denen gehörst, die ersteres nicht haben, aber für das Zweite motiviert sind, dann starte mit folgenden Hinweisen (vgl. auch „In the Mood“ – Mood-Management: Theorie und Praxis. Eine Betrachtung aus Sicht der Suchtprävention und Suchthilfe)
1. Überlege Dir genau, was Dich aus der Ruhe bringen kann und was daran so schlimm ist! Reduziere Deine innere Unruhe und begegne den Dingen mit mehr Gelassenheit! Wenn Dich innere Unruhe zu Suchtverlangen führt – und das ist oft so bei dieser Erkrankung – wende diese Regel frühzeitig und oft an!
2. Praktiziere jeden Tag innere Gelassenheit gegenüber den Dingen, die Dich besonders ärgern, aber die Du nicht ändern kannst! Wenn Du etwas sowieso nicht verändern kannst, weil es außerhalb Deiner Grenzen liegt, begegne ihm mit mehr Gleichmut!
3. Gleichmut bedeutet nicht, gleichgültig zu sein. Mache Dir Deine Ziele klar und verfolge sie konsequent! Wenn Du Probleme dabei erlebst, justiere Deine Ziele und Handlungsmethoden neu, bis Du erfolgreich bist!
4. Praktiziere regelmäßig Entspannung, um deine inneren Kräfte zu stärken. Egal ob Du Yoga, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung oder ein anderes Entspannungstraining praktizierst, wichtig ist das regelmäßige Training. Gönne es Dir!
5. Verliere die Dinge nicht aus dem Auge, die wirklich wichtig sind für Dein Leben! Soziale Beziehungen, wohltuendes Alleinesein, Sport und Bewegung oder das Genießen der Natur sind einige Beispiele dafür.